40 Jahre Lauftreff: Der Startschuss
fiel im Dortmunder Rombergpark
Feierstunde im SportCentrum Kamen-Kaiserau
Der Bewegungsmangel hat sich in Deutschland zu einer Volkskrankheit entwickelt. Jeder Dritte verbringt nämlich zuviel Zeit auf der Couch, vor dem Computer oder vor dem Fernseher- oft mit verheerenden Folgen.
Wenn es nicht den Lauftreff im DLV gäbe, müsste man ihn erfinden. Laufen ist zwar kein Allheilmittel, doch wer sich regelmäßig bewegt, bleibt länger fit und ist psychisch ausgeglichener. Bei einer Feierstunde „40 Jahre Lauftreff“ im SportCentrum Kamen-Kaiserau wurden diese Aspekte in den Vordergrund gestellt.
Den Gesundheitsaspekt griff Anfang der 70iger Jahre Enzio Busche wieder auf. Der frühere Dortmunder Druckerei-Besitzer beobachtete damals, dass einige seiner Mitarbeiter nach der Mittagspause in ihrem Elan kaum zu bremsen waren, während die anderen ihre Müdigkeit kaum verbergen konnten. Aus persönlichen Besprächen mit seinen Mitarbeitern erfuhr Busche, dass die Fitten zwischen 12.00 und 13.00 nicht in die Kantine gingen, sondern auf dem benachbarten Ostfriedhof ihre Lauf-Runden drehten.
Der Dortmunder Geschäftsmann, der nach einer schweren Erkrankung besonders sensibel für alle Fragen der Gesundheitsprävention war, trug seine Idee, möglichst viele Menschen zum Laufen zu bringen, dem damaligen Deutschen Sportbund (DSB) vor und rannte dort bei den Mitarbeitern Jürgen Palm und Karl-Heinz Marchlowitz offene Türen ein.

1974 erster Lauftreff in Dortmund
Am 16. März 1974 fiel im Dortmunder Rombergpark der Startschuss zu Deutschlands erstem Lauftreff. Der Aufruf des Deutschen Sportbundes verhallte nicht ungehört. Nach einer Statistik von Eckhard Kleine-Tebbe gab es im selben Jahr in Deutschland bereits 87 Treffpunkte. Die Erfinder des Lauftreffs konnten damals nicht erahnen, welch eine große Laufbegeisterung ihre damalige Idee auslösen würde. Inzwischen gibt es in Deutschland knapp 4000 Treffpunkte. „Die Zahl der reinen Lauftreffs ist in den letzten Jahren leicht zurückgegangen. Einen Anstieg verzeichnen wir jedoch bei den Treffpunkten, die neben Laufen auch Walking und Nordic Walking anbieten, so dass wir im Durchschnitt eine weiter ansteigende Tendenz haben,“ erläuterte Dr. Matthias Reick (Bremen), der die 40-jährige Geschichte des Lauftreffs als große Erfolgsstory bezeichnet. „Ein Glanzpunkt war natürlich, dass die Lauftreff- Idee direkt nach der Wende auch in den östlichen Bundesländern sofort umgesetzt werden konnte. Das spricht eindeutig für unser Konzept,“ betonte Dr. Matthias Reick.
Dr. Matthias Reick: „Wir haben kein Copyright auf den Lauftreff“
Doch der Lauftreff ist inzwischen kein Selbstläufer mehr. Ähnlich wie bei Volks- und Straßenläufen tummeln sich auf diesem Gebiete inzwischen auch zahlreiche kommerzielle Anbieter. Hinzu kommen Vereine, die nicht Leichtathletik gebunden sind und sich trotzdem der Lauftreff-Idee bedienen. „Das ist eine schwierige Thematik,“ so Dr. Matthias Reick, „denn wir haben kein Copyright auf den Lauftreff. Er ist vielmehr eine gewachsene Struktur. Hier müssen wir neue Wege finden, um mehr jüngere Leute anzusprechen. Nur, wer das bessere Angebot hat, wird sich auf die Dauer durchsetzen. Schließlich stimmen die Läuferinnen und Läufer mit ihren Füßen ab.“
An der Grund-Idee des Lauftreffs möchte der Bremer Mediziner auf keinen Fall rütteln: „Wir müssen vielmehr die Lauftreffs und das, was sie Gutes leisten, in eine neue Nomenklatur bringen. Schließlich machen die Fitness-Studios, die wie wir Gesundheits- und Präventionssport anbieten, nicht anderes. Unsere Ansprache muss jedoch wieder mehr angenommen werden. Mit den Wörtern wie `Trimm-Trab-ins-Grüne` oder `Trimm-Taler` kann heutzutage kaum noch jemand etwas anfangen.“
Auch die gesellschaftlichen Voraussetzungen haben sich in den letzten 40 Jahren verändert. Viele Leute sind beruflich so stark eingespannt, so dass keine Zeit haben, bereits in den frühen Abendstunden beim klassischen Lauftreff zu erscheinen. Hier müssen die Vereine nach Meinung von Dr. Matthias Reick mit entsprechenden Kursangeboten flexibler reagieren. Schließlich bleiben die meisten Sportler nicht mehr wie früher ihrem Verein bis an ihr Lebensende verbunden.
„Diejenigen, die mit dem Lauftreff groß geworden sind, müssen den Jüngeren die Möglichkeit bieten, ihre Vorstellungen und Wünsche entsprechend umzusetzen. Das geht nur mit einer gemeinsamen Herangehensweise,“ meinte Dr. Matthias Reick.
Michael Blomeier fordert Schutzgebühr für Laufveranstaltungen
Michael Blomeier, der im DLV für die Lauftreffs sowie Walking und Nordic Walking zuständig ist, betonte in seiner Eröffnungsrede, dass die Laufveranstaltungen und die Lauftreffs Produkte sind, die von den Vereinen entwickelt wurden. Die Verbände haben sie mit Struktur, Profil und Regeln versehen. Immer mehr kommerzielle Anbieter wollen inzwischen als Trittbrettfahrer von diesem Markt profitieren. „Viele Agenturen bedienen sich mittlerweile zu horrenden Teilnehmergebühren wie selbstverständlich dieses Marktes. Das ist nicht zu beanstanden, solange alle Beteiligten, und dazu gehören auch wir, von diesen Angeboten partizipieren, denn sonst wird dem organisierten Sport eine Grundlage abgegraben,“ sagte der frühere Geher der deutschen Spitzenklasse.
Ohne die Treffs gäbe es nach Meinung von Michael Blomeier keine Firmenläufe: „In der so genannten freien Wirtschaft würde unser Produkt vom Entwickler geschützt und nur gegen eine Lizenzgebühr zur Verfügung gestellt. Wenn nun freie Anbieter dieses Produkt nutzen, dann ist es meines Erachtens nur recht und billig, dass sie dafür mindestens in gleicher Weise einen Beitrag leisten, den wir von unseren Mitgliedern verlangen,“ befand Michael Blomeier.
Der Vorsitzende der Viermärker Waldlaufgemeinschaft, Dr. Alexander Puplick, erklärte in einer Diskussionsrunde, dass der Breitensport nicht durch die Laufevents geprägt wird. „Diese Events,“ so Dr. Puplick,“ bilden lediglich einen schönen Anreiz. Die Teilnahme daran macht lediglich Spaß bei einer entsprechenden Vorbereitung, und die können die Läuferinnen und Läufer bei uns absolvieren.“
Hans Schulz kündigt Workshop an
FLVW-Vize-Präsident, Hans Schulz, kündigte zum Abschluss der lebhaften Diskussion an, dass der FLVW im kommenden Jahr einen Workshop durchführen wird, bei dem die Einbindung und Entwicklung neuer Laufevents in die organisierte Leichtathletik thematisiert werden soll.
Im Rahmen der Fest-Veranstaltung zeichnete Hans Schulz Elisabeth Brand (Dortmund) und Eckhardt Kleine-Tebbe aufgrund ihrer großen Verdienste um den Laufsport mit der Silbernen Ehrennadel des Deutschen Leichtathletik-Verbandes aus. Darüber hinaus erhielten alle Lauftreff- Leiter, die bereits 1974 dabei waren, eine Erinnerungsurkunde.
Text und Foto: Peter Middel/FLVW